Parlamentarischer Abend im Bundestag "Energie von Morgen und Übermorgen", eingeladene Expertin, Deutsche Physikalische Gesellschaft, Berlin, 6.7.2016

DLR Nachrichten 5/2016: HALO Messungen für die Klimaforschung

Am eisigen Nordpolarkreis erkundeten Wissenschaftler des DLR von Dezember 2015 bis März 2016 in enger Kooperation mit weiteren deutschen Forschungseinrichtungen den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die polare Atmosphäre. Während drei Messkampagnen (POLSTRACC, SALSA, GW-LCYCLE) mit den Forschungsflugzeugen HALO (High Altitude and LOng Range Research Aircraft) und der DLR Falcon vom nordschwedischen Kiruna untersuchten sie die Veränderung der Zusammensetzungen der Atmosphäre im polaren Winter.

Ein Ziel der Kampagne POLSTRACC (Polar Stratosphere in a Changing Climate) ist die Untersuchung der polaren Ozonchemie. Dass sich Ozonschicht seit den späten Neunzigerjahren erholt, ist vor allem den strengen Regulierungen des Ausstoßes klimaschädlicher Fluorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu verdanken. Doch Ozon schützt nicht nur unsere Erde vor gefährlicher Sonnenstrahlung – es ist selbst ein Treibhausgas mit starker Klimawirkung besonders in der Tropopausenregion,  der Übergangsschicht zwischen der Troposphäre und Stratosphäre in 8 bis 16 km Höhe. Während aufgrund des Anstiegs der Kohlendioxid-Emissionen die Temperatur am Boden und in der Troposphäre zunimmt, kühlt die Stratosphäre ab. Das kann besonders in der Arktis zu einer vermehrten Bildung von polaren Stratosphärenwolken, und somit zu einem größeren Ozonabbau führen. Denn während sich im Frühjahr in der südlichen Hemisphäre regelmäßig über der Antarktis ein ausgedehntes Ozonloch bildet, ist der Ozonabbau im Mittel in der Nordpolarregion weniger stark ausgeprägt. Dies ist im Winter 2015/16 anders.  „Wir hatten in der arktischen Stratosphäre 2015/2016 eine extreme Kälteperiode mit Temperaturen bis zu -90 Grad. Dadurch konnten wir über mehrere Wochen ausgedehnte Felder von polaren Stratosphärenwolken beobachten und ihre Wirkung auf Ozon untersuchen“, erklärt Prof. Christiane Voigt, wissenschaftliche Koordinatorin der DLR-Aktivitäten während der POLSTRACC-Kampagne. Für die Messungen wurde das Forschungsflugzeug HALO durch das Institut für Physik der Atmosphäre mit einem Laser-Spektrometer zur Messung der Stratosphärenwolken, einem Stickoxid-Instrument zur Bestimmung der Salpetersäure in den Wolken und einem Massenspektrometer zur Messung von Chlorverbindungen in der Luft ausgerüstet.

Das erhöhte Aufkommen von Stratosphärenwolken trug so dazu bei, dass sich die Ozonschicht im polaren Wirbel um mehr als 100 Dobson Units reduzierte, d.h. es wurde einer der größten Ozonabbaus in der Arktis innerhalb der letzte 30 Jahre erreicht. Durch Messungen in einem einzelnen Winter lässt sich im Allgemeinen noch kein Trend erklären. Die DLR-Forscher gehen jedoch davon aus, dass bei einer weiteren Abkühlung der Stratosphäre die Anzahl der kalten Winter in der Arktis und somit der nordpolare Ozonabbau in Zukunft ansteigen wird.

Neue Züricher Zeitung, 3.6.2015

Bei dem Projekt Midlatitude Cirrus koordiniert vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ging es im Frühjahr 2014 um die Klimawirkung von Zirren in den mittleren Breiten. Die aus Eiskristallen bestehenden Schleier - und Fächer der Zirren, der höchsten Wolken der Troposphäre, hat jeder schon einmal am Firmament gesehen. Über Europa und dem Atlantik flogen die Forscher insgesamt 16 Mal in Zirren hinein, um ihre Entstehung und Veränderungen zu messen. Neben den natürlichen Zirren lag ein Fokus lag während der 88 Flugstunden auf der Messung von Kondensstreifen. Diese künstlich durch den Luftverkehr generierten linienförmigen Wolken können sich mit der Zeit zu ausgedehnten Zirrenfeldern entwickeln. Es zeigte sich, dass dieser Kondensstreifen-Zirrus noch nach mehr als zehn Stunden seinen künstlichen Ursprung verrät –  höheren Eisanzahlen. Die Kondensstreifen-Zirren enthalten mehr und kleinere Eiskristalle als ihre natürlichen Gegenstücke (Wolkenschwestern) und haben damit eine veränderte Klimawirkung.

Eine Motivation für das Projekt sei die Verbesserung der Vorhersage von Kondensstreifen gewesen, erläutert Christiane Voigt, Wolken-Physikerin am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre. Die Prognose der künstlichen Wolken ist sehr komplex, da sie sich bei Temperaturen unterhalb von minus 35 Grad Celsius bei subtiler Abhängigkeit von Feuchte und Partikelgehalt der Luft bilden. Anhand der Messungen mit HALO konnte nun ein Vorhersagemodell für Kondensstreifen deutlich verbessert werden.

In Zukunft lässt sich vielleicht die Bildung von Kondensstreifen vermeiden, hofft Voigt. Das wäre gut, weil die Kondensstreifen durch Streuung von (terrestrischer) Infrarotstrahlung und solarer Strahlung zum Klimawandel beitragen. Mit einer genauen Vorhersage könnten zum Beispiel Flugzeuge auf andere Routen oder Flughöhen geschickt werden, auf denen sich keine künstlichen Zirren bilden. Auch eine Verringerung der Ruß Emissionen zum Beispiel durch den Einsatz neuer Triebwerks-Technologien könnte zur Reduzierung der Kondensstreifen beitragen, so Voigt.

Pressemitteilung, 4.5.2014

Klimafaktor Eiswolke: Forschungsflugzeug HALO untersucht Kondensstreifen und Zirren

Offene Fragen zur Bildung und Klimawirkung von Wolken schränken derzeit die Aussagekraft globaler Klimaprognosen massiv ein. Um die Klimawirkung natürlicher Eiswolken, sogenannter Zirren, und der vom Luftverkehr erzeugten Kondensstreifen detailliert zu untersuchen, führte das Forschungsflugzeug HALO im Rahmen der Mission ML-CIRRUS (Mid-Latitude Cirrus) im März und April 2014 insgesamt zwölf Flüge durch. Unter Federführung des DLR untersuchte ein etwa 100-köpfiges Team von Wissenschaftlern verschiedener Atmosphärenforschungsinstitute die Bildung, den Lebenszyklus und die Klimawirkung der Zirren und Kondensstreifen-Zirren über Europa und dem Nordatlantik in acht bis 14 Kilometern Höhe. Dabei kam eine der modernsten Wolken-Instrumentierungen weltweit zum Einsatz. Bei ihren Untersuchungen legten die Wissenschaftler ein besonderes Augenmerk auf die langlebigen Kondensstreifen-Zirren des Luftverkehrs. Inwieweit sich die Eigenschaften dieser künstlichen Wolken von den natürlichen Zirren unterscheiden, ist bislang ungeklärt. Neueren Erkenntnissen zufolge ist die Erwärmung durch Kondensstreifen-Zirren möglicherweise größer als die durch den Kohlendioxidausstoß des Luftverkehrs. Lokal gibt es jedoch massive Unterschiede. Die umfassenden Messdaten der HALO-Mission werden derzeit ausgewertet und sollen helfen bestehende Unsicherheiten im Verständnis der Klimawirkung von Kondensstreifen-Zirren zu reduzieren.

Pressemitteilung DLR, Uni-Mainz und MPI-CH, 16.4.2007

Neue Nachwuchsgruppe erforscht Klimawirksamkeit des Luftverkehrs

Gemeinsame Untersuchungen des DLR, der Universität Mainz und des Max-Planck-Instituts für Chemie

Flugzeuge tragen durch Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid zur globalen Erwärmung bei, wie kürzlich der Bericht des Intergovernmental Panel for Climate Change (IPCC, 2007) zusammengefasst hat. Neben Kohlendioxid spielen Stickoxide und ihre Wirkung auf Kondensstreifen und Eiswolken eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Klimawirksamkeit des globalen Luftverkehrs.

Zu diesem Thema startet im April 2007 die von der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren geförderte Nachwuchsgruppe AEROTROP (Impact of Aircraft Emissions on the heteROgeneous chemistry of the TROPopause region) in einer Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Johannes Gutenberg-Universität und dem Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie. Die Nachwuchsgruppe untersucht unter der Leitung der Wissenschaftlerin Christiane Voigt die Veränderung der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre durch Flugzeugemissionen. In wolkenfreien Schichten der Atmosphäre führt die Emission von Stickoxiden durch den aktuellen Luftverkehr zu einer Erhöhung der Ozonkonzentrationen zwischen 8 und 15 km Höhe in der Tropopausenregion. Chemische Prozesse an Aerosolpartikeln, Kondensstreifen und Eiswolken (Zirren) können die Wirkung von Flugzeugemissionen auf den Ozonhaushalt verändern. Dabei bestehen große Unsicherheiten in der Kenntnis und der Quantifizierung dieser Reaktionen.

Zu diesem Zweck werden von der Nachwuchsgruppe gemeinsam mit der deutschen Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Instituten und Helmholtz-Forschungszentren Flugzeugmessungen mit dem DLR-Forschungsflugzeug Falcon und ab 2009 mit dem Höhenforschungsflugzeug HALO (High Altitude Long Range Aircraft) durchgeführt. Bei diesen Messungen werden die Vorkommen von Stickoxiden und halogenhaltigen Verbindungen sowie Partikeleigenschaften in der Tropopausenregion in mittleren und nördlichen Breiten bestimmt und mit Satellitendaten verglichen. Der Einfluss von Flugzeugemissionen und Kondensstreifen auf die Zusammensetzung der Atmosphäre soll bei so genannten "Verfolgungsflügen" direkt hinter Verkehrsflugzeugen und im Flugkorridor über Europa und dem Nord-Atlantik gemessen werden. Derartige Messungen liefern eine Basis für Prozess-Studien und globale Modellsimulationen, mit denen die flugzeugbedingte Veränderung des Ozonhaushaltes der Tropopausenregion unter Berücksichtigung von Reaktionen an Partikeln quantifiziert werden sollen. Weiterführende Studien sollen den Einfluss von Emissionen in unterschiedlichen Flughöhen auf die Chemie der Atmosphäre und das Klima bewerten.

Die Untersuchungen im Rahmen von AEROTROP unterstützen damit die nachhaltige Entwicklung eines umweltverträglicheren Flugverkehrs. Sie liefern eine weitere Grundlage für strategische Entscheidungen bezüglich der Flughöhenverteilungen zukünftiger Flugzeuggenerationen. Bestehende Unsicherheiten in der Bewertung des Klimaeinflusses des stark anwachsenden Luftverkehrs können reduziert werden.

Kontakt

Prof. Dr. Christiane Voigt

Institut für Physik der Atmosphäre
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Tel +49 8153 282579
E-Mail

 

 

 

                                                                           

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